Die vorliegende Arbeit untersucht die in Schweizer Reiseberichten der dreissiger und vierziger Jahre vermittelten Bilder und Repräsentationen von Brasilien, der brasilianischen Kultur, sowie den Brasilianer*innen. Im Rahmen einer kontextualisierenden historischen Diskursanalyse der drei Reiseberichte «Ich suche Land in Südbrasilien» von Felix Moeschlin, «Brésil – Terre d’amour et de beauté» von Henry Vallotton und «Brasilien – zweimal gekurbelt» von Fritz René Allemann sollen die Fragen beantwortet werden, wie das «Andere» dargestellt und allenfalls vom «Eigenen» abgegrenzt wird, inwiefern die Texte Bilder zeitgenössischer Brasiliendiskurse aufgreifen und ob allenfalls Abweichungen vom oder eine Reflektion des hegemonialen Diskurses und/oder mitgebrachter Stereotype stattfinden. Mit Hilfe eines close readings soll sichergestellt werden, dass allfällige textinterne Widersprüchlichkeiten und Ambivalenzen herausgearbeitet werden können. Den theoretischen und konzeptionellen Rahmen der vorliegenden Arbeit bieten die postcolonial studies, insbesondere die Theorien jener Vertreter*innen, welche ein vor allem durch Edward Said etabliertes deterministisches Paradigma verlassen und binären Schematisierungen widerstehen. Die Analyse der Texte zeigt auf, dass es trotz der vorkommenden Stereotypisierungen und dem Rückgriff auf etablierte Narrative, in allen Berichten zu Reflektionen und Revidierungen bekannter Erzählungen kommt. Bei allen drei Autoren führt der direkte Kontakt, das «Vorortsein» und die tiefergehende und direkte Beschäftigung mit dem Land zu einer Hinterfragung und teilweise auch Veränderung des mitgebrachten Brasilienbilds. In ihrer Auseinandersetzung mit dem Land und seiner Bevölkerung sind die Texte ausserdem häufig ambivalent, widersprüchlich und mehrdeutig. Die Einzelanalysen verdeutlichen zudem, dass die Texte trotz ihrer Gemeinsamkeiten ausserordentlich verschieden sind. Die vorliegende Arbeit sieht deshalb von generalisierenden Aussagen über den Brasiliendiskurs in Schweizer Reiseberichten der dreissiger und vierziger Jahre ab und weist stattdessen auf die Heterogenität des Diskurses hin.