Gut zwei Wochen nach dem Ende der Digital Humanities Konferenz in Lausanne sind im Internet bereits viele Berichte, Videos, Präsentationen, Visualisierungen, gesammelte Tweets und weitere Materialien zur Konferenz zu finden.1 Auch infoclio.ch beteiligt sich an der Dokumentation der Konferenz. In den nächsten Tagen werden wir die Tagungsberichte unseres Reporting-Teams aufschalten.
Neben den Berichten hat das Team von infoclio.ch auch eine Reihe von Interviews mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Konferenz geführt und so einige spannende Begegnungen und Gespräche festgehalten.
Kurz nach der Eröffnung am 7. Juli, haben die beiden lokalen Organisatoren Claire Clivaz und Frédéric Kaplan über ihren ersten Eindruck vom Anlaufen der Konferenz gesprochen. Auch Dominique Vinck, der Leiter des Laboratoire de cultures et humanités digitales an der Universität Lausanne zog eine erste Bilanz.
Nach einem Workshop über E-Books und das Format Epub 3.0 traf sich das infoclio.ch-Team mit dem Kursleiter Michael Sperberg-McQueen, welcher massgeblich an der Entwicklung der Markup-Sprache XML beteiligt war. Als Mitarbeiter des World Wide Web Consortiums hat er ausserdem die Entwicklung des Internets hautnah miterlebt. Auch bei der Gründung des TEI-Konsortiums und der Entwicklung des gleichnamigen Dokumentenformat zur Kodierung von Texten war er einer der führenden Entwickler. Im Gespräch mit infoclio.ch spricht Sperberg-McQueen darüber, wie es dazu kam, dass er als gelernter Literaturwissenschaftler zum Entwickler eines der wichtigsten Instrumente der Digital Humanities wurde. Ausserdem wagt er einen Ausblick auf die weitere Entwicklung des Mediums Buch.
Nach der Eröffnungs-Keynote von Bruno Latour am Dienstag Abend gaben einige Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Konferenz ein kurzes Statement zum Vortrag ab.2
Neben Micheal Sperberg-McQueen haben auch viele andere Konferenz-Teilnehmer die Anfänge der Digital Humanities hautnahe miterlebt und teilweise auch mitgestaltet. Marilyn Deegan, Professorin am King's College in London, erzählt im Gespräch mit Pascal Hurni die Geschichte, wie sie es dazu kam, dass die Universität Sorbonne 1994 ihren ersten Computer anschaffte. Zusammen mit Guyda Armstrong von der University of Manchester reflektiert sie darüber, wieso sie heute im Bereich Digital Humanities arbeiten.
In einem kurzen Interview spricht Uta Hinrichs, Forschungsmitarbeiterin an der School of Computer Science der University of St Andrews in Schottland über das Potential der Datenvisualisierung.
Die Visualisierung von (grossen) Datenbeständen war auch das Thema in der Paper-Präsentation "Seeing the Trees & Understanding the Forest".3 John Joseph Montague von der University of Alberta in Kanada sprach im Anschluss daran über die Möglichkeiten für die Datenanalyse welche sich durch die Visualisierung ergeben können.
Aris Xanthos, Lehr- und Forschungsbeauftragter für die Geistes- und Sozialwissenschaften an der Universität Lausanne spricht im Interview mit Pascal Hurni über den unterschiedlichen Umgang mit modernen Technologien der verschiedenen Generationen und darüber was die Generationen voneinander lernen können. Ausserdem geht er auf das Problem ein, dass sich Sprache über die Zeit verändert und wie man damit umgehen kann.
Frédéric Kaplan, Direktor des Digital Humanities Lab an der EPF Lausanne, nahm sich am Donnerstag 10. 7. 2014 Zeit für ein längeres Gespräch mit Floraine Stauffer (University of Neuchâtel). Er spricht über die neuen Möglichkeiten für die historische Forschung welche sich durch die Digital Humanities ergeben und über die Frage, wie sich die Arbeit der Historikerinnen und Historiker durch die neuen technischen Möglichkeiten verändern.
Ebenfalls am Donnerstag traf sich Enrico Natale mit Martin Grandjean, Aurélien Berra und Sébastien Poublanc und unterhielt sich mit ihnen über Humanistica – der französischsprachigen Vereinigung für die Digital Humanities, welche am 8. Juli im Rahmen der Konferenz gegründet wurde.4
Alicia Peaker von der Northeastern University Boston sprach während der Postersession am Donnerstag Nachmittag mit Pascal Hurni über das Projekt "Our Marathon - the Boston Bombing Digital Archive", welches eine Plattform für Geschichten und Dokumente in Zusammenhang mit den Anschlägen auf den Boston Marathon vom 15. April 2013 bietet. Das Archiv soll einerseits eine Gedenkstätte sein, andererseits werden zu den gesammelten Geschichten und Daten auch Metadaten gesammelt, so dass diese Erinnerungen auch für künftige Forschungen genutzt werden können.5
Glenn Roe, Lehrbeauftragter für Digital Humanities an der Australian National University of Canberra sprach mit Enrico Natale über das Projekt "Topic Modeling the French Encyclopédie" und die Erkenntnisse, welche man aus der Technik des Topic Modeling gewinnen kann. Im Gespräch erklärt Glenn Roe ausserdem die Funktion des Text-Analyse-Tools "Philologic", welches unter anderem auf der Website 6
Eric Rochester von der University of Virginia Library, spricht im Interview darüber, welche Erkenntnisse er aus seinem beruflichen Hintergrund als Literaturwissenschaftler für seine jetzige Tätigkeit als Programmierer ziehen kann. Rochester weisst darauf hin, dass die Sprache und das Leben generell "messy" sind und sich nicht in fixe Formen pressen lassen. Lässt man diese Erkenntnis in die Software-Entwicklung einfliessen, lassen sich benutzerfreundlichere Programme entwickeln.
Als Einstieg ins Programmieren schlägt Rochester vor, mit HTML und Javascript zu experimentieren.
Mit Ray Siemens sprach Enrico Natale über das Digital Humanities Summer School Institute, welches er vor 14 Jahren gegründet hatte und seither jedes Jahr eine DH Summer School organisiert hat. Siemens spricht über die Vorteile eines konzentriertes Lehren und Lernen in der Gruppe. Das Format wurde vielfach kopiert und inzwischen finden in vielen Ländern jedes Jahr ähnliche Veranstaltungen statt. Die erste DH Summer School in der Schweiz fand 2013 in Bern statt, die zweite Ausgabe wird 2015 in Basel stattfinden.
1 siehe unter anderem hier:
• Wrapping up DH 2014, Lausanne (Part 1)
• Wrapping up DH 2014, Lausanne (Part 2)
2Keynote von Bruno Latour als Videoaufnahme
3 Paper Seeing the Trees & Understanding the Forest
4 Website HUMANISTICA - Association francophone des humanités
5 Website des Projekts Our Marathon
6 Paper Topic Modeling the French Encyclopédie