Le portail suisse pour les sciences historiques

Walter Benjamin Conference – Benjamin’s Beginnings

Autor / Autorin des Berichts: 
Oliver Krabichler



Citation: Krabichler Oliver: « Walter Benjamin Conference – Benjamin’s Beginnings », infoclio.ch comptes rendus, 13.03.2020. En ligne: <https://www.doi.org/10.13098/infoclio.ch-tb-0225>, consulté le 08.11.2024.

PDF-Version des Berichts


Vor einhundert Jahren wurde Walter Benjamin an der Universität Bern promoviert. Am 27. Juni 1919 wurde die Doktorarbeit des gebürtigen Berliners mit dem Titel Der Begriff der Kunstkritik in der deutschen Romantik mit der Bestnote angenommen. Exakt ein Jahrhundert später diente dieses Jubiläum der Universität Bern als Anlass, den grossen Denker und Kritiker mit der alle zwei Jahre stattfindenden Tagung der International Walter Benjamin Society (IWBS) in Bern zu würdigen.1

Benjamins Zeit in Bern gehört in die Anfänge seines Denkens und Schaffens. So widmete sich die Tagung Benjamin’s Beginnings. Sechs Plenarvorträge und ebenso viele thematisch geordnete Panels vermittelten einen breiten Eindruck von der aktuellen Benjamin-Forschung; ergänzt wurden sie durch ein vielfältiges Rahmenprogramm mit Referaten, Konzerten und Filmvorführungen. Dieser Bericht fokussiert auf ausgewählte wissenschaftliche Beiträge der umfangreichen Konferenz.

ANNIE BOURNEUF (Chicago) widmete sich am Eröffnungstag im Zentrum Paul Klee einem der bekannten Werke Paul Klees, dem Angelus Novus, das Walter Benjamin 1921 erworben hatte und auf das er wiederholt in seinen Schriften einging. Bourneuf erläuterte die Thematik vor dem Horizont der jüngsten Entdeckung durch die zeitgenössische Künstlerin R. H. Quaytman. Diese hatte darauf hingewiesen, dass die aquarellierte Zeichnung Klees auf einen Kupferstich aus dem 19. Jahrhundert geklebt sei, der in Anlehnung an Lucas Cranachs Gemälde den Reformator Martin Luther porträtiert. Bourneuf ging auf Fragen der Porträtmalerei und der Entstellung, der Ernüchterung und Wiederverzauberung sowie der Chronologie der Moderne in Bezug auf die materielle Komplexität des Kunstwerks ein. Sie schuf dabei eine Verbindung zwischen Benjamins Anfängen und der heutigen Wahrnehmung seines Denkens.

GALILI SHAHAR (Tel Aviv) befasste sich in seinem Vortrag mit einem anderen Medium. Er referierte über das Wort Benjamins und sein Verhältnis zur Tradition des Wortes Gottes. Dies untersuchte er anhand Benjamins sprachkritischer Schriften – beispielsweise des Aufsatzes zu Karl Kraus. Dabei habe das 'schöpferische' Wort bei Benjamin eine kreative Kraft, sei aber auch zerstörerisch. In Benjamins Sprachessays sei die Sprache und somit das Wort eine Ausdrucksform des Geistes, durch die der Mensch seine geistige Welt zum Vorschein bringe. Die Dinge werden also zum Sein durch die Benennung des Menschen im Namen Gottes und die Sprache somit zu einer Art Liturgie. Shahar beleuchtete die sprachlichen Gesten Gottes und wies darauf hin, dass Benjamin vergessen habe, dass Gott bei der Schöpfung mit den Menschen sprach. Die sprachkritischen Schriften Benjamins stünden somit der Tradition gegenüber. Im Wort Benjamins seien Anfang und Ende versammelt.

Im Plenarvortrag widmete sich SIGRID WEIGEL (Berlin) der Freundschaft Walter Benjamins und Gerhard (später: Gershom) Scholems. Diese sei durch eine permanente Anziehung und gleichzeitige Abgrenzung geprägt gewesen und habe ihre intensivste Zeit wohl in Bern erlebt. Weigel tat dies aus der Perspektive der Auseinandersetzung der beiden Freunde über das jüdische Klagelied und der jeweils eigenen Beschäftigung mit dieser Tradition. Das Klagelied, eine Gattung aus der jüdischen Tradition, stehe dabei am Anfang und am Ende der gemeinsamen Zeit Benjamins und Scholems in der Schweizer Bundesstadt. Die beiden Freunde beschäftigten sich auf unterschiedliche Weise mit der Thematik, jedoch gelte das Klagelied als Fluchtpunkt korrespondierender Interessen, so Weigel. Während Benjamin sich in seinem Sprachessay mit dem Trauerspiel oder der Musik auseinandersetzte, ging es Scholem eher um die Übersetzung hebräischer Schriften. Benjamins sprachtheoretisches Interesse galt der Klage als Grenzphänomen der Sprache zwischen Naturlaut und Musik. Scholem hingegen sah darin eher eine Schwelle zwischen Offenbartem und Unaussprechlichem und betrachtete das Klagelied als Gegenstück zur Hymne und als Sprache der Tränen. Benjamin ordnete die Klage – ähnlich wie Hölderlin – dem Trauerspiel zu, nicht aber der Tragödie. Weigel betonte zudem, dass Benjamin in der Sprache und im Sprachgestus der Klage eine mögliche Ironie und in der Klage selbst ein zentrales Motiv der Literatur erkannt habe. Durch Benjamins sprachphilosophisches und geschichtstheoretisches Interesse und die damit verbundene Absenz einer Ästhetik in seinen Schriften sei der Inhalt der Klage hinter den Sprachgestus zurückgetreten. Weigel skizzierte Benjamin als Denker, der in bestimmten Fragestellungen permanent weiter dachte, und sein Denken als hochkomplexes Netzwerk, das jeweils nur unter Bezugnahme mehrerer seiner Texte zu verstehen sei.


Das erste thematische Panel versammelte Beiträge zu Benjamins medientheoretischem Denken sowie zu Begrifflichkeiten wie 'Wiederholung' oder 'Trugbild' in der Folge des Ersten Weltkriegs. Benjamins skeptisches, geradezu pessimistisches Denken in einer 'unheimlichen Moderne' zeigte sich in verschiedenen Texten, aber auch im Vergleich mit anderen Intellektuellen. So wies GYUCHAN JEON (Seoul) auf markante Parallelen zwischen dem Denken der Zeitgenossen Kon Wajiro (Japan) und Taewon Park (Korea) hin. Aber auch die Nachwelt Benjamins liess sich von seinem Schaffen beeinflussen. So behandelte SOFIE BEHLULI (Oxford) die Verarbeitung von Bildern in Novellen Donna Tartts und Michael Frayns und die entsprechende Dichotomie von Original und Kopie bei der Auseinandersetzung mit Kunstwerken im Kontext von Benjamins berühmtem Aufsatz aus dem Jahre 1935.

Weitere Beiträge zu Zeitgenossen Benjamins lieferten Vergleiche mit Siegfried Kracauer oder Martin Heidegger. SEBASTIAN JÄHN (Frankfurt an der Oder) stellte v.a. die Frage nach der Plausibilität, Benjamin und Kracauer als Gründungsfiguren des medienwissenschaftlichen Diskurses zu sehen. Dabei betonte Jähn, dass beider Denken über disziplinäre Grenzen hinausgehe und ihre medientheoretischen Reflexionen somit jeweils im Kontext ihrer politischen und geschichtsphilosophischen Denkzusammenhänge zu betrachten seien. FRANCISCO NAISHTAT (Buenos Aires) untersuchte den Einfluss eines Seminars von Heinrich Rickert zur Idee der 'Voll-Endung', das Heidegger und Benjamin im Jahr 1913 besucht hatten. Dabei wurde v.a. Benjamins frühes Verständnis von Messianismus beleuchtet; dies auch im Kontext von Heideggers Vortrag, auf den Benjamin mit dem Text Trauerspiel und Tragödie antwortete.

Auch der Begriff der 'Wiederholung' sollte dem Fokus der Tagung entsprechend v.a. im Frühwerk Benjamins ausfindig gemacht werden. Dieser Frage widmete sich GREGOR SCHÄFER (Basel): In seinem Vortrag Aktualität und Geschichte wurde Benjamins Vorstellung von Geschichte als nicht linear fortschreitende Kontinuität, sondern als spezifisches Wiederholen, als ein komplexes Verhältnis von Vergangenem und krisenhafter Gegenwart präsentiert. Vergangenes werde dabei in der gegenwärtigen Krise erfahrbar, was die Aktualität von Benjamins Denken unterstreiche.

Insgesamt thematisierte das Panel das Denken Benjamins in der Folge des Ersten Weltkriegs, seine Schriften zur Kriegserfahrung und die entsprechende Deutung des Kriegs. Dabei standen sein medientheoretisches Denken und insbesondere seine frühen Schriften im Fokus. Betonung fanden auch die politischen Aspekte solcher Texte und die noch heute – in einer Zeit von Populismus und der Erstarkung der politischen Rechten – ungebrochene Aktualität von Benjamins Denken.


Ein weiteres Panel behandelte die Rolle von Migration, Exil und Mobilität in Benjamins Denken und Schaffen sowie für dessen internationale Rezeption. Offensichtlich hatte Benjamins persönliche Situation einen entscheidenden Einfluss auf sein Schreiben. So hatte der Philosoph und Kritiker praktisch zeit seines Lebens im politisch-geographischen wie auch im sozialen Exil gelebt. Migration war für den deutsch-jüdischen Denker eine Notwendigkeit, quasi eine Überlebensstrategie gewesen. Dies spiegelte sich in seinem Schreibverfahren, seinen Fragestellungen, seinem gesamten Werk wider. Sehr früh mit Mobilität konfrontiert, setzte sich Benjamin bereits in seinem Frühwerk mit den erwähnten Begrifflichkeiten auseinander. Das Panel zielte auf theoretische und methodische Modelle in Benjamins (frühen) Schriften und fragte, inwiefern die internationale Rezeption Benjamins unter dem Begriff der Migration von Ideen verstanden werden könne.

So widmete sich MONIQUE ULRICH (Frankfurt an der Oder) der Verwendung des 'Wohnens' bei Benjamin als erkenntnistheoretischem Motiv. Dabei wurden Korrelationen zwischen Schriften und Schreiborten Benjamins, gewissermassen zwischen Produktion und Produktionsstätte seiner Texte beleuchtet. Das Schreiben im Exil, in der Ort- und Ruhelosigkeit, so Ulrich, lasse sich autobiographisch in den Texten Benjamins ablesen. Eine ähnliche Perspektive auf dessen Schaffen eröffnete ROBERT PURSCHE (Basel), der sich mit Benjamins archivarischer Praxis, v.a. während dessen Anfängen auseinandersetzte. Pursche argumentierte, dass die intensive Archivierung durch Benjamins Lebensumstände im Exil und der wirtschaftlichen und politischen Unsicherheit eine erzwungene Tätigkeit darstellt, was zur These führte, dass die fragilen Lebensumstände Benjamins in seinem Werk in markanter Weise zu erkennen seien.

Eine in diesem Panel zentrale Schrift war Benjamins Kafka-Aufsatz. So befasste sich HENNING GUTFLEISCH (Bremen) mit Benjamins Erfahrung des Exils im Kontext der gegenwärtigen Grenzregimeforschung. Aus dem Verhältnis von Elend und Erfahrung in Benjamins Briefwechseln aus dem Exil sowie aus einer Analyse des Kafka-Essays folgerte Gutfleisch, diese Texte Benjamins seien Zeugen der damaligen gesellschaftlichen und ökonomischen Nöte breiter Bevölkerungsschichten. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse wurden auf die heutige Grenzregimeforschung angewendet, womit die Aktualität Benjamins unterstrichen wurde.

Ebenfalls der Bearbeitung von Franz Kafka widmete sich HANUEL LEE (Lüneburg), indem sie Benjamins Methode im Kafka-Aufsatz, die Deutung des Dichters aus der Mitte seiner Bildwelt, auf eben diesen Essay selbst anwandte. Die sprachlichen Bilder im Kafka-Essay seien dabei in drei Figurenkategorien einzuteilen: Das hoffnungslose ‹Wir›, ‹Andere› als befreiende Momente sowie Unterbrechendes Wesen als Anlass zur Hoffnung. Durch die Parallelisierung mit materiellen Bildern Benjamins wurde die damalige und heutige politische Aktualität von Benjamins Kafka-Lektüre aufgezeigt.

Ebenfalls mehrfach behandelt wurde der Aufsatz Sürrealismus. Er diente als Beispiel, um Benjamin als Vermittler zwischen dem intellektuellen Schaffen in Deutschland und Frankreich zu verstehen. So machte sich auch SOPHIA BUCK (Oxford) auf die Suche nach den Spuren eines politischen Blickes auf Social Practices in ebendiesem Aufsatz und in Benjamins Text Programm für ein proletarisches Kindertheater.

Nicht nur der Surrealismus war für Benjamin eine Kunstausprägung, die das Denken seiner Anfänge prägte. Auch seine Freundschaft zu Emmy Hennings und Hugo Ball und die damit verbundene Beschäftigung mit dem Dadaismus sollte nicht unterschätzt werden. Die frühen Texte Benjamins wurden, analog zum Umgang der Dadaisten mit Objekten, als kritische Manifeste für eine transformierte Moderne, von NICKOLAS LAMBRIANOU (London) gar als 'Readymades' bezeichnet. Dabei stellt Lambrianou auch die Frage, ob Benjamins Berner Texte im Kontext der dadaistischen Bewegung und der damit verbundenen Destruktion der etablierten Vorstellung von Kunst gelesen werden können.

Ebenfalls wurden Benjamins unvollendete geschichtsphilosophische Thesen Über den Begriff der Geschichte als über Jahrzehnte verwahrtes Denken beleuchtet und somit in den Kontext seines frühen Schaffens gesetzt. Diese sollten, so die These INKA SAUTERS (Leipzig), im Kontext seiner Dissertationsschrift und des Nachdenkens über romantischen Messianismus gelesen werden.

Das Panel befasste sich also auf höchst differenzierte Weise und anhand unterschiedlicher Texte Benjamins mit den Begriffen 'Migration', 'Exil' und 'Mobilität' in dessen Frühwerk und der darin eingeprägten eigenen Exilerfahrung Benjamins. Ein Thema, das in der Benjamin-Forschung immer wieder eine Rolle spielte, insgesamt aber noch immer vernachlässigt wird. Das Panel hat für eine intensivere Beschäftigung mit der Thematik erste Anstösse gegeben, aber auch aufgezeigt, dass die Forschung hier noch viel Potential aufweist. Dabei ist die Wichtigkeit einer engeren Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen zu betonen.


Das Panel The Art of Translation beschäftigte sich v.a. mit der Bedeutung der Übersetzung und der Sprache in Benjamins Werk. Der Fokus lag dabei auf dem Aufsatz Die Aufgaben des Übersetzers, wobei auch Bezüge zu anderen Texten Benjamins, wie zum z.B. einer Dissertationsschrift oder dem Baudelaire-Essay hergestellt wurden. Zudem ging es um die Übertragbarkeit von Benjamins Denken in andere Disziplinen. DENNIS JOHANNSSEN (Pennsylvania) rekonstruierte Benjamins Auseinandersetzung mit Philologie im Kontext heutiger Debatten und Erläuterungen von Adorno, Szondi und Hamacher. Benjamin habe, so Johannssen, über die Jahre seine philologische Praxis verfeinert und kombinierte diese, mehr als irgendjemand vor ihm, mit der Strömung der kritischen Philosophie.

Gleich mehrere Beiträge widmeten sich explizit der Übersetzungstheorie Benjamins respektive der Rolle des Übersetzers in dessen Schriften. So sah NICOLÒ PIETRO CANGINI (Verona) im Konzept der Übersetzung Benjamins Anerkennung einer geheimen Verwandtschaft zwischen verschiedenen Sprachen in Analogie zu seiner messianischen Idee. FLORIAN TELSNIG (München) beleuchtete dagegen Benjamins Übersetzungstheorie im Rahmen von Johann Georg Hamanns Verständnis von Sprache als Übersetzung. Insbesondere plädierte Telsnig für die Wichtigkeit der Lektüre von Hamanns Schriften für ein Verständnis von Benjamins Denken, einem bisher sträflich vernachlässigten Aspekt, wie er meinte.

Mit der Rolle des Übersetzers befasste sich CHRISTINE IVANOVIC (Wien), jedoch ebenfalls in einer bisher von der Forschung wenig beleuchteten Perspektive. Sie zeigte auf, dass der Erwerb von Paul Klees Angelus Novus durch Walter Benjamin und die Arbeit an dessen Essay Über die Aufgabe des Übersetzers in dieselbe Zeit fallen. Dies führte zur Frage, ob zwischen dem Kunstwerk und Benjamins Konzeption des Übersetzers ein Zusammenhang bestehe. Dabei untersuchte Ivanovic, inwiefern der Angelus Novus, dessen Interpretationsmöglichkeiten in der Forschung kontrovers diskutiert werden, als Form des Übersetzers aufgefasst werden kann, wie ihn Benjamin in seinen theoretischen Schriften derselben Zeit versteht.

Nicht explizit der Übersetzung, aber einer spezifischen Form von Sprache, nämlich der 'egozentrischen' Sprache in Benjamins Berliner Kindheit um Neunzehnhundert, widmete sich MONIKA TOKARZWESKA (Toruń) und ging der Frage nach, welchen Sinn eine solche Sprache für den Menschen, v.a. aber für das Kind, habe. Zudem suchte sie nach weiteren Spuren dieser 'egozentrischen’ Sprache in Benjamins Werk und thematisierte den zentralen Begriff der 'Aura' in Benjamins Schriften. So sei die „materialistische Definition der Aura“, wie sie Benjamin selbst in einem Brief im Jahre 1937 skizziert hatte, bereits in frühen Fragmenten des Denkers erkennbar. Diese wurden nun in einen Zusammenhang gesetzt mit dem Essay Über einige Motive bei Baudelaire, in dem der Begriff der 'Aura' eine zentrale Rolle einnimmt, aber auch mit dem vielzitierten Kunstwerk-Aufsatz.

Zuletzt wurde die Brücke zur Soziologie geschlagen. ELENA KAIP (Aachen) betonte, dass die Vernetzung materieller Dinge innerhalb eines Raumes wie auch das Verhältnis von Menschen zu Dingen von der Soziologie noch immer vernachlässigt werde. Im Kontext von Benjamins Konzept der 'Sprache der Dinge' und des mit ihm verbundenen Begriffs der 'Übersetzung' fokussierte Kaip auf kreative Aktivitäten im urbanen Raum – mit dem Ziel, ein Modell für die Soziologie zu entwickeln, das die Untersuchung der Vernetzung zwischen Menschen und Dingen ermöglicht.


Die vielfältigen Beiträge in den Panels wie auch die Plenarvorträge lieferten aufschlussreiche Einblicke in die aktuelle Forschung zu Walter Benjamin, im Besonderen zu dessen Anfängen. Zudem wurde die anhaltende Bedeutung seines fragmentarisch gebliebenen Werkes für die literaturwissenschaftlichen Disziplinen, so z.B. seine Arbeit zur Übersetzung, aber auch die Übertragbarkeit Benjamins in andere Forschungsfelder aufgezeigt. Daneben wurde mehrfach betont, wie ausgeprägt die Aktualität Benjamins noch heute ist und wie wichtig es sei, sein komplexes Denken und Schaffen über die Grenzen einzelner Disziplinen hinaus zu verstehen und anzuwenden. Trotz der Vielfalt der Zugänge wurde auch deutlich, dass – in einer Zeit, in der eine kritische Gesamtausgabe erscheint – noch viel Arbeit vor der Benjamin-Forschung liegt.



Anmerkungen

1 Der Bericht entstand im Auftrag des Instituts für Germanistik der Universität Bern.

Konferenzprogramm:
Plenarvorträge
• Annie Bourneuf (Chicago): Too Many Times: On Klee’s Angelus Novus
• Axel Körner (London): Benjamin, Klee, Catastrophe. Historical Time in European Perspective
• Galili Shahar (Tel Aviv): Im Anfang war. Über Benjamins Wort
• Sigrid Weigel (Berlin): Walter Benjamin und Gershom Scholem 1918/19 in Bern: im Gespräch über das Klagelied
• Juliet Simpson (Coventry): Walter Benjamin’s Uncanny Artists: Reisebilder, Memory, and Iconic Presences
• Brigid Doherty (Princeton): The History of Art as a History of Prophecies or, the Beginnings of Benjamin’s Artwork Essay
• Winfried Menninghaus (Frankfurt am Main): Walter Benjamins Schweiz



Panels
Panel I: Uncanny Modernities / Modernisms: Repetition, Phantom, Phantasm in the Wake of World War I
Chaired by Christine Blaettler (Kiel) / Gabriele Rippl (Bern)
• Sofie Behluli (Oxford): Ekphrasis and Aura: The Value of the Work of Art in The Goldfinch and Headlong
• Almuth Lahmann Barella (Bern/Tel-Aviv): Zwischentöne: Spielzeug und Technik
• Sebastian Jähn (Frankfurt an der Oder): Benjamin und Kracauer
• Malte Fues (Basel): Zimmerfluchten. Priesterzögling und Passagen-Werk
• Gyochan Jeon (Seoul): Benjamin, Wajiro and Taewon: Parallel (hi)stories of uncanny modernities across the ominous continent
• Gregor Schäfer (Basel): Aktualität und Geschichte. Zu Benjamins Begriff der Wiederholung
• Enrico Rosso (Potsdam) / Frank Voigt (Potsdam): Benjamins Deutung des Ersten Weltkriegs. Kontinuitäten und Brüche
• Daniele Cargnelutti (Querétaro): Barbarism, Art and Narcoviolence in México: A Constellation
• Francisco Naishtat (Buenos Aires): An Early Counterpoint Between Benjamin and Heidegger as a Crucial Issue for Thinking Death, Modernity, and History
• Anne Döring (Kiel): Gestörter Bildraum. Politische Potentiale am Kaiserpanorama

Panel II: Early Lives: Childhood and Youth
Chaired by Ben Morgan (Oxford) / Michael Stolz (Bern)
• Mareike Schildmann (Berlin): Puppenspiele. Mimesis der Kindheit bei Walter Benjamin
• Thomas Lindenberg (Leipzig): Die Jugend, die Stellung
• Anja Nowak (Vancouver): Das Kind als Adressat
• Sabine Schiller-Lerg (Münster): Walter Benjamin – Rollenspieler mit kühlem Kopf
• Patrick G. Schultz (Oswego): From “Brotarbeit” to The Storyteller: Benjamin’s Instructive Radio Broadcasts
• Damiano Roberi (Turin): Breaking News – Nature and Childhood in Benjamin
• Ulrich Mathias Gerr (Oldenburg): «Das Männlein hat die Bilder auch von mir» − Begriff und Funktion der Kindheit im Bucklicht Männlein der Berliner Kindheit
• Francisco De Ambrosis Pinheiro Machado (São Paulo): Märchen und Mythos in Walter Benjamins Berliner Kindheit um Neunzehnhundert
• Marco Paladines Valarezzo (Berlin): Looking to the past, writing for the future
• Malte Spitz (Frankfurt an der Oder / Berlin): Fragen des Ich. Versuch über das Stück Markthalle Magdeburger Platz aus Walter Benjamins Berliner Chronik und Kindheit um Neunzehnhundert
• Antonin Wiser (Lausanne): Le travail de Pénélope : figures de l’absence et de l’oubli chez Walter Benjamin

Panel III: Mobility, Migration, Exile: Lives and Ideas on the Move
Chaired by Carolin Duttlinger (Oxford) / Kristina Schulz (Neuchâtel)
• Henning Gutfleisch (Bremen): Elend und Erfahrung: Benjamins Exil im Lichte gegenwärtiger Grenzregimeforschung
• Robert Pursche (Basel): Archivierung und (Wieder-)Entdeckung der Jugend. Benjamins archivarische Praxis vor den Katastrophen
• Haneul Lee (Lüneburg): Die Bildwelt in Walter Benjamins Kafka-Lektüre
• Nickolas Lambrianou (London): Objects Innocent and Guilty: Benjamin’s Readymades
• Sophia Buck (Oxford): Benjamins revolutionäre Räume der «Aktualität» – Proletarisches Kindertheater und Leib und Bildraum
• Michael Heller (New York): Hieroglyphs of Redeemed Life: Walter Benjamin and the Making of Constellations of Waking
• Monique Ulrich (Frankfurt an der Oder): [Das Interieur, die Spur] − Wohnen als Haltung in den Schriften Walter Benjamins
• Inka Sauter (Leipzig): Zwanzigjährige Verwahrung. Walter Benjamins zweifache Reflexion des geschichtsphilosophischen Problems
• Sofia Cumming (Norwich): Lasting Snapshots of the European Intelligentsia: Walter Benjamin as ‘Vermittler‘
• Tea Lobo (Bern): «Neon Inferno»: Mit Walter Benjamin durch Teju Coles Open City
• Tanja Klankert (Bern): Glasarchitekturen und Masken. Zur paradoxen Verbindung von (Un-)Durchdringlichem und (Un-)Durchsichtigem in Benjamins medientheoretischen Denkfiguren

Panel IV: Benjamin, Switzerland, and Horizons of Jewish Identity
Chaired by Ilit Ferber (Tel Aviv) / René Bloch (Bern)
• Michael Stolz (Bern): ‘Angelus novus’ – Guardian of the University of Muri and Agent of (Ex)Change
• Maurizio Gonzalez: Benjamin on WELTZUSTAND. Prolegomena to a ‘True Politics’ From the Time in Bern (1917–1919) – in conversation with G. Scholem around Lesabéndio, the Concept of Justice and Kant
• Alice Barale (Florenz): «Unbewaffnetes Auge»: As you like it (1918)
• Jeanne Marie Gagnebin (São Paulo / Campinas): De l’interruption comme figure politique et esthétique chez Walter Benjamin
• Johannes Otto Riedner (Berlin): Benjamin, Noeggerath, Scholem
• Aleksander Miłosz Zieliński (Freiburg, CH): Tikkun olam als politisch-theologisches Schlüsselkonzept in Walter Benjamins Messianismus
• Nicola Alessio Sarracco (Berlin): Walter Benjamin’s and Gershom Scholem’s Auseinandersetzung with the German Romanticism
• Tan Wälchli (Basel): Romantischer Messianismus. Ein jüdischer «Gesichtspunkt» in Benjamins Novalis- und Schlegel-Lektüren?
• Yu-jin Chang (Boston): Weltanschauung in Walter Benjamin’s On the Program of the Coming Philosophy
• Tamara Tagliacozzo (Rom): Walter Benjamin on Experience and Infinite Task in the Years 1917–1918

Panel V: The Bern Dissertation: Art Criticism and the Art of Criticism
Chaired by Michael W. Jennings (Princeton) / Alexander Honold (Basel)
• Gerhard Richter (Providence, RI): The Art of Critique and the Forms of Historical Time
• Marcello Ruta (Bern): Performing Reflection: Art Criticism, Formal Irony and Reflection in Walter
• Caterina Diotto (Verona): Mirrors and Fragments. Continuity and Discontinuity in Benjamin’s Concept of the Novel
• Klaus Mladek (Dartmouth): Revolution and Critique: Benjamin’s Highly Political Romanticism
• Jay Hetrick (Schardscha): Speculations on the Esoteric Afterward: Benjamin’s Hidden Bergsonism
• Thomas Regehly (Offenbach): Romantische Nachtwachen am Radio mit Walter Benjamin
• Marco Maggi (Lugano): Am Kamin. Benjamin, Manzoni, and the Novel
• Bead Nuova Kerr (Oregon): Freeplay in Paris: The Art of Vacancy in Benjamin’s Little History of Photography
• Theo Machado Fellows (Manaus): Die «heilignüchterne» Reflexion: Hölderlins Präsenz in Benjamins Dissertation
• Anna Crofts (Stockholm): «A rose is a rose is a rose is a rose»: Benjamin’s Aura in the Light of Avantgarde Poetry
• Jason Ciaccio (New York): Unpacking Joyce’s Library Scene with Benjamin’s Concept of Romantic Irony

Panel VI: The Art of Translation: Experiencing Other Languages
Chaired by Gérard Raulet (Paris) / Julia Straub (Bern)
• Nicolò Pietro Cangini (Verona): Recomposing Fragments. Benjamin’s Theory of Translation beyond Early Romantic Legacy
• Dennis Johannssen (Easton): The Pains of Philology
• Clemens-Carl Härle (Siena): Metamorphose des Blicks
• Monika Tokarzewska (Toruń): Die sozialisierte und die egozentrische Sprache bei Benjamin
• Russell Stephens (Vancouver): On Children’s Play and Mimicry: Fourier’s Utopia as the Childhood of Modernism in Walter Benjamin’s Arcades Project
• Florian Telsnig (München): Uberunübersetzbarkeit. Benjamin und Hamann
• Christine Ivanovic (Wien): Engel und Übersetzer
• Elena Kaip (Aachen): Übersetzungskonzept für die Sprache der Dinge
• Birgit Haberpeuntner (Wien): Dimensionen des Fortlebens: Aktuelle Anverwandlungen einer Denkfigur Walter Benjamins
• Maria Teresa Costa (Rom / Berlin): Für eine Theorie der migrierenden Sprache im Ausgang von Benjamins Die Aufgabe des Übersetzers


Reading Session
By Ori Rotlevy (Tel Aviv) / Toni Hildebrandt (Bern)


Rahmenprogramm
• Konzert der Camerata Bern mit Patricia Kopatchinskaja: Pierrot lunaire
• Festakt anlässlich des Jubiläums von Benjamins Promotion 1919
• Filmvorführungen mit Diskussion
• Führungen durch das Robert Walser-Zentrum, Bern
• Jahresversammlung der International Walter Benjamin Society
• Ausstellung «Walter Benjamin in Bern»

Evènement: 
Walter Benjamin Conference – Benjamin’s Beginnings
Organisé par: 
Walter Benjamin Kolleg, International Walter Benjamin Society und Robert Walser-Zentrum
Date de l'événement: 
26.06.2019 - 29.06.2019
Lieu: 
Bern
Langue: 
d
Report type: 
Conference