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Tagungsbericht: „5. Schweizer OCLC Informationstag“, 07. Mai 2013, Schweizerische Nationalbibliothek

Autor / Autorin des Berichts: 
Zitierweise: Baumann, Jan: Tagungsbericht: "5. Schweizer OCLC Informationstag", 07. Mai 2013, Schweizerische Nationalbibliothek, infoclio.ch Tagungsberichte, 2013. Online: infoclio.ch, <http://dx.doi.org/10.13098/infoclio.ch-tb-0063>, Stand:


Das Online Computer Library Center (OCLC) ist ein weltweiter Bibliotheksverbund, der 1967 von Mitgliedern gegründet wurde und von ihnen verwaltet wird. OCLC setzt sich im öffentlichen Interesse für den breiteren Zugang zum weltweiten Wissen und die Senkung der damit verbundenen Kosten ein. OCLC Deutschland ist ein führender Anbieter von erweiterten IT-Lösungen für die Bibliotheks- und Informationsverwaltung. Am 07. Mai 2013 veranstaltete die Organisation zum fünften Mal ein Informationsanlass in der Schweiz.

Die Veranstaltung wurde von NORBERT WEINBERGER, Geschäftsführer der OCLC GmbH, eröffnet. Weinberger stellte kurz die aktuellen
Beschäftigungsfelder von OCLC vor. Die von OCLC entwickelte Kommunikations- und Entwicklungsplattform WorldShare wird weltweit von ca. 100 Bibliotheken genutzt, 170 wollen sie in Zukunft nutzen. Weinberger wies darauf hin, dass immer mehr Bibliotheken den Hosting Service von OCLC in Anspruch nehmen, da sie froh sind, wenn sie sich nicht selbst um die IT-Infrastruktur kümmern müssen. Ein aktuelles Beschäftigungsfeld von OCLC ist die Frage, wie E-Books in die OPACs der Bibliotheken integriert werden können. Als Beispiel eines aktuellen Projekts nannte Weinberger die Einführung des Web-OPAC-Portal OPEN für die Kornhausbibliotheken Bern im April 2013. Weinberger ging auch kurz auf die in den USA lancierte
Marketing-Kampagne "Geek the Library" ein, welche von OCLC für den deutschen Sprachraum adaptiert wurde.

DR. BRUNO KLOTZ-BERENDES, Leiter der Hochschulbibliothek Münster, präsentierte in seinem Vortrag die Erfahrungen der Hochschulbibliothek Münster mit der Controlling Software BIB-Control. Bei der Einführung von Bib-Control ging es darum, die Arbeitsabläufe der Bibliothek zu analysieren und zu verbessern und dadurch die Effizienz zu steigern und Kosten zu sparen. Klotz-Berendes wies darauf hin, dass die Bibliothek bei der Bestellung von Medien in Konkurrenz zu Online-Buchhandlungen wie beispielsweise Amazon stehe. Bib-Control sollte dabei helfen, die Zeit vom Eingang eines Literaturwunsches bis zum Zeitpunkt an dem das Medium zur Verfügung steht zu verkürzen. Die Software ermöglichte es, ineffiziente Abläufe aufzudecken und zu verbessern. Ausserdem konnten durch den Einsatz des Systems Zuordnungsfehler von Medien aufgedeckt und korrigiert werden. Bib-Control ermöglicht unterschiedliche Analysen zu den Bereichen Ausleihe, Benutzende, Bestellungen, Lieferzeiten, Ausgaben für Literatur usw. Klotz-Berendes zog ein positives Fazit zum Einsatz des Systems, da sich dadurch die internen Abläufe der Bibliothek verbessern liessen.

Die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung betreibt seit vielen Jahren eines der größten und komplexesten ALLEGRO basierten Bibliothekssysteme mit zahlreichen, sehr spezifischen Anpassungen. WALTER WIMMER präsentierte in seinem Vortrag die Erfahrungen der Bibliothek bei der Migration auf das System SunRise und erzählte, welche Probleme sich dabei ergaben. Die Friedrich Ebert-Stiftung ist eine der SPD nahestehende politische Stiftung, welche nach dem Tod des deutschen Reichspräsidenten Friedrich Ebert 1925 gegründet wurde. Heute ist die Stiftung in erster Linie auf dem Gebiet der politischen Bildung tätig. Die Bibliothek der Stiftung ist heute eine der weltweit grössten wissenschaftlichen Spezialbibliotheken. Die Sammlungsschwerpunkte der Bibliothek sind die Geschichte der deutschen und internationalen Arbeitergeschichte, Sozial- und Zeitgeschichte sowie aktuelle Veröffentlichungen von Parteien und Gewerkschaften in Deutschland und ausgewählten Ländern.
Der Wechsel vom ALLEGRO-System zu SunRise wurde insbesondere durch den beabsichtigten Beitritt zum B3Kat – dem gemeinsamen Verbundskatalog der Bibliotheksverbünde BVB (Bayern) und KOBV (Berlin, Brandenburg) unumgänglich. Die Bibliothek entschied sich dafür, die Migration weitgehend ohne den Einbezug von externen Dienstleistern durchzuführen. Das grösste Problem bei der Migration ergab sich im Bereich der Körperschafts-Normdaten. Zwar basierten die von der Bibliothek angesetzten Körperschaften auf der Gemeinsamen Körperschaftsdatei (GKD), da die Bibliothek keinem Bibliotheksverbund angeschlossen war, wurden die Normdaten jedoch nicht aktualisiert und waren teilweise veraltet. Vor der Migration mussten deshalb alle Körperschaftsdaten aktualisiert werden. Rund 10.000 Körperschaften konnten jedoch keiner Körperschaft der Gemeinsamen Normdatei (GND) zugeordnet werden und müssen separat behandelt werden. Bei der Testmigration ergab sich eine Fehlerquote von rund 10 Prozent, wobei die Fehler aber leicht behoben werden konnten. Im Mai 2013 steht nun die endgültige Datenkonversion an. Im Herbst 2013 erfolgt der Beitritt zum B3Kat.

MARIE-CHRISTINE DOFFEY, Direktorin der Schweizerischen Nationalbibliothek (NB), stellte in ihrem Vortrag die internationalen Kooperationen der Nationalbibliothek vor. Die NB ist gesetzlich zur internationalen Zusammenarbeit verpflichtet. Daneben ist auch die nationale Zusammenarbeit mit Kantons- und Hochschulbibliotheken wichtig.
Die NB engagiert sich unter anderem bei der Conference of European National Librarians (CENL), welche zum Ziel hat, die Rolle der Nationalbibliotheken bei der Erhaltung des europäischen Kulturguts zu stärken. Mitglieder des CENL sind alle Nationalbibliotheken der Mitgliedstaaten des Europarats. Das wichtigste Projekt der CENL ist The European Library (TEL), die virtuelle europäische Bibliothek, welche Zugang zu den Sammlungen der europäischen Nationalbibliotheken bietet. Die European Library war wesentlich an der Umsetzung des Projekts Europeana beteiligt, welches digitale Objekte aus europäischen Bibliotheken, Museen und Archiven sammelt und der Öffentlichkeit zugänglich macht. TEL ist der Aggregator für Europeana, das heisst sie sammelt und organisiert den digitalen Inhalt der europäischen Nationalbibliotheken und stellt die Ergebnisse auf Europeana zur Verfügung. Die NB beteiligt sich regelmässig an virtuellen Ausstellungen auf Europeana. Ein Beispiel für Objekte der NB auf Europeana sind die digitalisierten Bilder des Schweizer Schriftstellers Friedrich Dürrenmatt.

Ein weiteres Projekt in welchem sich die NB engagiert, ist das Réseau francophone numérique (RFN). Das RFN fördert die Zusammenarbeit der frankophonen Nationalbibliotheken bei der Digitalisierung des Kulturguts und unterstützt den Wissenstransfer zwischen Nord und Süd. Ein wichtiges Projekt des RFN ist die Einrichtung eines Portals für die digitalisierte Presse und andere Dokumente aus den französischsprachigen Ländern der Welt.
Doffey kann der Teilnahme der NB an den verschiedenen internationalen Projekten nur positive Aspekte abgewinnen.

DR. BERTHOLD GILLITZER, Stv. Leiter der Benutzerdienste der Bayrischen Staatsbibliothek (BSB), beschrieb in seinem Vortrag den Einsatz des IDM-Connectors von OCLC für den Abgleich der Nutzerdaten der BSB und der Bibliothek der Ludwig-Maximilian Universität München (LMU). Da rund ein Drittel aller BSB-BenutzerInnen auch BenutzerInnen der LMU-Bibliothek sind, bieten die beiden Institutionen schon seit Jahren einen gemeinsamen Benutzerausweis an. Bisher wurden die Benutzerdaten jedoch nicht automatisch synchronisiert, sodass sich alle Benutzerinnen und Benutzer zweimal registrieren mussten. Änderungen in den Benutzerdaten führten oft zu Inkonsistenzen zwischen den beiden Systemen. Insbesondere der zu erwartende deutlich höhere Anteil an Neuanmeldungen aufgrund des doppelten Abiturjahrgangs 2011 veranlasste die BSB und die LMU das Problem mit Hilfe des IDM-Connectors anzugehen.
Der IDM-Connector synchronisiert die Daten zwischen zwei Systemen jeweils bei bestimmten Vorgängen wie der Benutzeraufnahme, einem Update, dem Ausweisersatz oder bei einer Konto-Löschung oder Sperrung.
Die Probleme, welche sich beim Einsatz des IDM-Connectors ergaben, wurden in zahlreichen Arbeitsgruppen-Sitzungen bereinigt. Eine Schwierigkeit ergab sich etwa durch die unterschiedliche Anzahl an Benutzergruppen. Einige Probleme konnten durch die Angleichung der Regeln zur Benutzerverwaltung der beiden Institutionen behoben werden, andere mussten durch technische Anpassungen am IDM-Connector gelöst werden.
Die Einführung des IDM-Connectors verlief reibungslos. Im laufenden Betrieb werden jeweils nur wenige Fehler produziert, die sich meist leicht beheben lassen. Gillitzer kam zum Schluss das der Einsatz des IDM-Connectors den Arbeitsaufwand zwar nicht gerade halbierte, aber doch wesentlich reduzierte und einerseits dazu führte, dass der Ansturm des doppelten Abiturjahrgangs gut verkraftet werden konnte und sich andererseits die Warteschlangen bei der Neuanmeldung wesentlich reduziert haben.

DR. KLAUS CEYNOWA, Stv. Generaldirektor der Bayrischen Staatsbibliothek (BSB), ging in seiner Präsentation auf neue Web-Technologien ein, welche für Bibliotheken in Zukunft von grosser Bedeutung sein werden. Drei Trends sind dabei auszumachen: 1. der Übergang vom stationären zum mobilen Internet, 2. der Einsatz von personalisierten Applikationen „on the spot“ (location-based services) und 3. die zunehmende Ersetzung von Tastatur und Maus durch „Natural User Interfaces“.
Ceynowa zeigte auf, wie die BSB diese neuen Trends aufgreift und sinnvoll einsetzt. Da immer mehr Menschen vorwiegend das mobile Internet benutzen,
entwickelte die BSB neben der mobilen Version des OPACS eine Reihe von mobilen Apps wie etwa Famous books - Treasures of the Bavarian State Library, welches kostbare Spitzenstücke aus dem Bestand der Bibliothek zeigt.
Die App Bayern in historischen Karten ist ein Beispiel für eine Anwendung im Bereich location-based service. Für die App wurden 257 Kartenblätter vom 16. bis 19. Jahrhundert digitalisiert und georeferenziert. Anwenderinnen und Anwender können sich ihren Standort auf den historischen Karten anzeigen lassen, wobei sie jederzeit zwischen den verschiedenen Karten wechseln können. Die Karten werden durch zusätzliche Inhalte wie Points-of-Interest, Bilder, Audioinhalte, Videoclips oder Ortsansichten erweitert.
Einen Schritt weiter, nämlich in den Bereich Augmented Reality geht die App Ludwig II. – Auf den Spuren des Märchenkönigs. Neben Informationen zu Ludwig II bezogen auf den Standort des Anwenders, liefert die App Augmented Reality-Features wie etwa die 3D-Mustererkennung, die in Echtzeit digitale Objekte direkt am Standort des Betrachters in das Kamerabild des iPhones einblendet.
Im Bereich Natural User Interface setzt die BSB bei Ausstellungen neuartige Bildschirme ein welche Bilder in 3D darstellen können, ohne dass der Betrachter oder die Betrachterin eine Brille aufsetzen muss (autostereoskopisch). Die Bildschirme verfügen ausserdem über ein Hand- and Gesture-Tracking, sodass etwa in einem virtuellen Buch „geblättert“ werden kann, ohne dass dafür eine Tastatur oder eine Maus nötig wäre.
Ein weiteres innovatives Projekt der BSB ist die Bildähnlichkeitssuche, welche es ermöglicht, innerhalb eines Bestandes von 4,2 Millionen maschinell erkannten Bildern aus Handschriften und Alten Drucken des 9. bis 20. Jahrhunderts aus der Bayerischen Staatsbibliothek zu suchen und ähnliche Bilder bzw. Bildteile zu finden. Diese Art der Suche benötigt keine Metadaten mehr, das Objekt selbst wird zu seinem Katalogisat. Ceynowa beendete seinen Vortrag mit der Aussage „Content is King – Context is Queen“ und meinte damit, dass in Bezug auf neue Web-Technologien, Inhalt für den Benutzer oder die Benutzerin nur in Bezug auf den Kontext, in dem er oder sie sich befindet, von Wert ist.

Die Tagung wurde durch den Vortrag von FRANCESCA SCHULZE von der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) abgerundet. Die DDB ist ein zentrales Zugangsportal zum digitalen Erbe deutscher Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen und ist damit der nationale Beitrag zu Europeana. Im November 2012 wurde das Portal aufgeschaltet. Die DDB bietet selbst keine digitalen Objekte an. Sie erhält die Metadaten von deutschen Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen, welche mittels XSLT-Stylesheets in das interne Format der DDB konvertiert werden (technisches Mapping).

Die zur Verfügung gestellten Daten werden von der DDB auf ihrem Portal angeboten. Als nationaler Aggregator liefert die DDB diese Daten an Europeana weiter, wo sie ebenfalls frei zur Verfügung stehen.

Programm:

ab 09.30 Uhr: Beginn der Registrierung
10.30 Uhr: Veranstaltungsbeginn & Begrüßung durch Norbert Weinberger (OCLC GmbH)
10.35-11.00 Uhr: Perspektiven für Bibliotheken mit OCLC WorldShare.
Norbert Weinberger (OCLC GmbH)
11.00-11.45 Uhr: BIB-Control – Managementinformationen für Bibliotheken: Nutzererfahrungen von der FH Münster.
Dr. Bruno Klotz-Berendes (Fachhochschule Münster)
11.45-12.30 Uhr: Eine große Spezialbibliothek beschreitet neue Wege. Erfahrungsbericht einer Migration.
Walter Wimmer (Friedrich-Ebert-Stiftung)
12.30-13.30 Uhr: Mittagspause
13.30-14.15 Uhr: Die Schweizerische Nationalbibliothek und ihre internationalen Kooperationen.
Marie-Christine Doffey (Schweizerische Nationalbibliothek)
14.15-15.00 Uhr: Damit zusammenkommt... Integration und Synchronisation von Nutzerverwaltungen am Beispiel der Bayerischen Staatsbibliothek und der Universitätsbibliothek München.
Dr. Berthold Gillitzer (Bayerische Staatsbibliothek)
15.00-15.30 Uhr: Kaffeepause
15.30-16.15 Uhr: Augmented Reality, Virtual Sightseeing und Visual Search in der Bibliothekswelt – Wie die Bayerische Staatsbibliothek München kulturelle Schätze, Wissens- und Datenbestände ins mobile Internet bringt.
Dr. Klaus Ceynowa (Bayerische Staatsbibliothek)
16.15-17.00 Uhr: Die Deutsche Digitale Bibliothek – Kultur und Wissen online als nationaler Aggregator für Europeana.
Francesca Schulze (Deutsche Nationalbibliothek)

Organisé par: 
OCLC
Date de l'événement: 
07.05.2013
Lieu: 
Schweizerische Nationalbiliothek Bern
Langue: 
d
Report type: 
Conference