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Panel: Der Journalismus und das Geld: Historische und aktuelle Perspektiven auf eine schwierige Beziehung

Autor / Autorin des Berichts: 
Andrea Müller
andrea.mueller@hist.unibe.ch
Universität Bern

Zitierweise: Müller, Andrea: Panel: Der Journalismus und das Geld: Historische und aktuelle Perspektiven auf eine schwierige Beziehung, infoclio.ch Tagungsberichte, 2019. Online: <https://doi.org/10.13098/infoclio.ch-0169>, Stand:


Verantwortung: Giorgio Scherrer / Livia Merz
Referierende: Monika Dommann / Kaspar Surber / Andreas Würgler

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Im Panel „Der Journalismus und das Geld: Historische und aktuelle Perspektiven auf eine schwierige Beziehung“ traf ein Medienjournalist auf eine Historikerin und einen Historiker. Im Zentrum standen eine Diskussion über die aktuelle Situation der Medien in Zeiten von Gratiskultur und Internetwerbung sowie eine epochenübergreifende Perspektive auf das Verhältnis von Medien und Geld. Das Panel wurde anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Magazins Elfenbeintürmer (etü), der studentischen HistorikerInnen-Zeitung der Universität Zürich, organisiert.

Im ersten Beitrag, „Das Schweizer Oligopol – Die Medienkrise als Finanzierungskrise und ihre Auswirkungen auf die Demokratie“ identifizierte der Medienjournalist KASPAR SURBER die Medienkrise als eine Finanzierungskrise und zeigte in einem einführenden Teil auf, wie die digitale Transformation die Wertschöpfungskette der Medienunternehmen zerschlug. Fokussiert auf die grossen schweizerischen Tageszeitungen, wies er dabei insbesondere auf den drastischen Rückgang bei den Werbeeinnahmen hin. In einem zweiten Teil beschrieb der Journalist die Entstehung des Schweizer Oligopols seit den 1990er Jahren, das heisst, die zunehmende Medienkonzentration auf einige wenige grosse Player wie Tamedia und Ringier. Dieser Konzentrationsprozess, so argumentierte Surber im dritten Teil seines Beitrags, habe schwerwiegende Folgen für die Demokratie. Die Monopolisierung beschneide die Meinungsvielfalt, weil einige wenige Journalistinnen und Journalisten die Deutungsmacht über gesellschaftliche Ereignisse erhielten, und führe zu Dunkelkammern, weil die Lokalredaktionen im Zuge der Neoliberalisierung der Medien abgebaut würden. Die Berichterstattung aus den Kantonsparlamenten etwa würde vernachlässigt. Dass aber eine Rückkehr zu mehr Werbung den Journalismus retten könnte, bezweifelte Surber in seinem Fazit. Nur Leserinnen und Leser, die bereit seien für Journalismus zu bezahlen, könnten das tun.

Die Historikerin MONIKA DOMMANN bewegte sich in ihrem Beitrag „Das Werbefernsehen. Ein kleiner Nachruf“ zeitlich in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts und thematisierte am Beispiel der Geschichte des Werbefernsehens in der Schweiz – vom Kalten Krieg bis zu „No-Billag“ – die Konflikte um Medienkonkurrenz, Finanzierungsmodelle und die Ausgestaltung staatlicher Medienpolitik. Aus einer wirtschaftshistorischen Perspektive argumentierend, teilte sie ihren Nachruf in die drei Etappen Deal, Überhang und Angriff. Während mit Deal das Aufkommen der ersten Werbespots im Schweizer Fernsehen in den 1950er und 1960er Jahren als hartnäckiger Kampf zwischen dem Inserate-Verband und dem Verband Schweizer Medien beschrieben wurde, bezeichnete Dommann die Etappe des Überhangs als „parasitäre Situation“, in der die Werbeanteile am Fernsehprogramm ungebremst anstiegen, wobei zugleich auch die Preise für die Werbeminuten markant wuchsen. Als dritte Etappe formulierte die Historikerin den Angriff, der sich besonders in den 1980er Jahren durch die zunehmende Kritik an Fernsehwerbung charakterisierte und zugleich geprägt war von der Konkurrenz durch die aufkommenden Privatsender und das Internet. Im Schlussteil plädierte Dommann für eine verstärkte Reflexion über die Produktion von Informationsgütern und die Strukturen, Finanzierungsmodelle und Machtverhältnisse in Medienunternehmen.

Der Historiker ANDREAS WÜRGLER schloss das Panel mit seinem Vortrag „Geld und Macht. Presse, Information und Meinungsbildung im 17. und 18. Jahrhundert“. In einem ersten Teil präsentierte er – mit Beispielen aus Basel, Genf und Zürich – die Funktionen von Periodika und Broschüren, die beiden dominierenden Medienformate der Frühneuzeit. Bei den Periodika handelte es sich um serielle Publikationen, die vor allem dem Informationszweck dienten und in der Regel durch Abonnemente oder Einzelverkäufe finanziert wurden. Broschüren, oder auch Pamphlete, waren hingegen anlassbezogene Propagandaschriften, die unter den Zensurbedingungen im Ancien Régime meistens anonym oder unter Pseudonymen veröffentlicht wurden. Im Schlussteil, und in Anlehnung an die Tagungsthematik Reichtum, betonte Würgler die Bedeutung des Geldes bei der Informationsbeschaffung in der Frühneuzeit. Geld habe man nicht nur zur Deckung der Produktionskosten, sondern auch für die Informationsbeschaffung durch professionelle Nachrichtenschreiber, damals Kompositoren genannt, benötigt. Schliesslich konstatierte er in einem Epochenvergleich, dass schon im Zeitungsgeschäft der Vormoderne Korruption vorherrschte, und dass damals vor allem staatliche und kirchliche Instanzen die Medien kontrollierten, während dies heute vermehrt von Lobbyisten und finanzstarken Wirtschaftsunternehmen übernommen wird.

In der Abschlussdiskussion spielte wiederum die aktuelle Medienkrise eine wichtige Rolle. Die Dominanz des Internets, und darin die grossen Player wie Google oder Youtube, regte eine Diskussion über die gegenwärtige Situation des Journalismus an. Mit Blick auf die Vergangenheit konnte zwar für die zukünftige Entwicklung der Medienlandschaft keine abschliessende Prognose gemacht werden, die Themen Macht, Finanzierung und Medienkonkurrenz wurden von den Panel-Teilnehmerinnen und Teilnehmern aber als wichtigste Knackpunkte identifiziert.


Panelübersicht:

Surber, Kaspar: Das Schweizer Oligopol. Die Medienkrise als Finanzierungskrise und ihre Auswirkungen auf die Demokratie

Dommann, Monika: Das Werbefernsehen. Ein kleiner Nachruf

Würgler, Andreas: Geld und Macht. Presse, Information und Meinungsbildung im 17. und 18. Jahrhundert



Dieser Panelbericht ist Teil der infoclio.ch-Dokumentation zu den 5. Schweizerischen Geschichtstagen.

Manifestazione: 
5. Schweizerische Geschichtstage
Organizzato da: 
Schweizerische Gesellschaft für Geschichte und Universität Zürich
Data della manifestazione: 
05.06.2019
Luogo: 
Zürich
Lingua: 
d
Report type: 
Conference